Freitag, 18. Juli 2014

Unser täglich Brot gib uns heute…


Saas-Fee, eine wunderbare Feriendestination. Auch ein idyllisches Bergdorf auf 1‘800 m ü M. Mittendrin die Bäckerei Imseng mit ihrer Geschichte. Und die hat es in sich.

Ich geniesse es, mit Freunden im schmucken Cafe Imseng einen Kaffee zu schlürfen. Gäste lieben das Garni Imseng. Noch grossartiger aber ist die Bäckerei/Konditorei. Ein Betrieb mit Geschichte. Und vielfach prämierten Produkten.

Faszinierend aber auch der kreative Patron, Lukas Imseng. Unzählige Auszeichnungen hat er als Bäcker schon erhalten. Sein Roggenbrot aus Saas-Fee muss man kennen. Ist alleine schon eine Reise ins Saastal wert. Unter anderem hat er sich aber auch als Bierbrauer und Autor einen Namen gemacht. Eben erst hat er erfolgreich sein neustes Werk: „Backen mit Globi“ veröffentlicht. Die Kreativität von Lukas erinnert mich an einen seiner Vorfahren, den legendären Tourismuspionier Pfarrer Johann Josef Imseng, der mein Leben nachhaltig geprägt hat. Gerne schlüpfe ich bei Gelegenheit deshalb in seine Rolle.

Pfr. Johann Josef Imseng (1806-1869) war nicht bloss ein ausgezeichneter Seelsorger. Das ganzheitliche Wohl seiner Schäfchen war ihm wichtig. Um die Armut im Saastal zu bekämpfen, förderte er aktiv den Tourismus. Er beherbergte Gäste. War selber als Bergführer tätig. Erklärte den Gästen die Geschichte und Bräuche des Saastales. Der visionäre Pfarrherr liess gar Hotels bauen. Er sorgte dafür, dass die Menschen hier ein Auskommen erhielten. Selber war er ein Mann der Berge, war bei vielen Erstbesteigungen dabei. Führte Bergsteiger auf manchen Gipfel. Imseng ging auch in die Geschichte ein als erster Skifahrer der Alpen. Eine grossartige Persönlichkeit.

Wenn ich über die Bäckerei Imseng nachdenke, resp. über die entfernt Verwandten des legendären Pfarrers, dann komme ich nicht darum herum, ähnlichen Tatendrang und Kreativität, festzustellen. Dies ist allerdings nur eine Randbemerkung. Meine Gedanken sind vielmehr beim auf den ersten Blick unspektakulären Thema „Roggenbrot“ stehen geblieben.

Das Roggenbrot hatte im Saastal über Jahrhunderte eine grosse Bedeutung. Weltweit werden heute noch 60% aller Kalorien für die menschliche Ernährung aus Getreide gewonnen. Von den verschiedenen Getreidearten hat dabei der Weizen die grösste Bedeutung. Im Saastal wurde aber fast ausschliesslich Roggen angebaut. In Saas-Fee lagen die höchstgelegendsten Roggenäcker Europas. Unverständlich für mich, dass davon nicht mehr geredet wird. Die höchsten Weinberge Europas werden marketingmässig sehr erfolgreich ausgeschlachtet. Aber diese Roggenäcker, die für das Überleben der Bevölkerung über Jahrhunderte so wichtig waren, sind leider zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Mit Roggenbrot konnte die Bevölkerung sich weitgehend selber versorgen. Eine der wichtigsten Mahlzeiten der armen Bevölkerung bestand aus Roggenbrot und kuhwarmer Milch. Gebacken wurde das nahrhafte Brot nur alle zwei Monate. Gelagert wurde es im Speicher, auf der Brotleiter. Man kann sich vorstellen, wie die letzten Laibe jeweils ziemlich hart waren. Weil sie mit dem Messer nicht mehr geschnitten werden konnten, gab es hier extra „Brothacker“. Die harten Brotstücke wurden dann in die Bouillon der ausgekochten Knochen oder in warme Milch gegeben. Aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar. Trotzdem, die Leute damals dankten Gott auch für diese Mahlzeit.

In der Zeit, bevor der Tourismus wirtschaftlichen Aufschwung ins Saastal gebracht hat und zum Teil grosse Armut herrschte, beklagte man sich nicht über hartes Brot. Ganz gemäss dem Sprichwort: „Kein Brot zu haben ist hart.“

In meiner Militärzeit wurde folgende Geschichte erzählt: Die Rekruten reklamierten wegen dem alten und harten Brot, das ihnen jeden Tag vorgesetzt wurde. Der Oberst erklärte der versammelten Mannschaft nun: „Stellt euch nicht so verweichlicht an. Zur Zeit des General Guisan (2. Weltkrieg) haben die Soldaten das Brot schliesslich auch ohne Widerspruch gegessen. Ein vorlauter Rekrut antwortete darauf trocken: „Damals war es aber auch noch frisch…“

Ich bin allerdings froh – auch für unsere Gäste – dass unser nahrhaftes und schmackhaftes Roggenbrot heutzutage täglich frisch gebacken wird. Übrigens nicht bloss in der Bäckerei Imseng…

Als Pfarrer sei es mir aber noch gestattet, auf unsern Schöpfergott hinzuweisen, der es uns so gut ergehen lässt. Man darf auch bei frischem Brot, dankbar an den guten Vater im Himmel denken, der uns das tägliche Brot gibt. Also denkt daran, wenn Ihr das nächste Mal genussvoll in unser Roggenbrot beisst!


Christoph Gysel, Tourismuspfarrer, Touristiker und Autor












Der schönste Parkplatz..


Die gigantischen Bergriesen in der Freien Ferienrepublik Saas-Fee faszinieren mich immer wieder neu. 18 Viertausender. Einfach imposant. 
Nicht, dass ich etwa auf ihnen herumkraxle. Muss sogar gestehen, dass ich noch nie auf einem Viertausender stand. Trotzdem bin ich gepackt von der Saaser Berg- und Gletscherwelt. Kann mich kaum sattsehen daran. Ob der höchste Schweizer Berg, der majestätische Dom. Oder das Allalinhorn, der schönste Viertausender. Das Weissmies, das seinem Namen alle Ehre macht. Oder die Mischabelkette, die eindrucksvolle Gigantenversammlung. Einfach überwältigend.

Ich stehe zur Zeit einmal mehr auf dem schönsten Parkplatz der Welt. Auf dem grossen Panoramaparking von Saas-Fee. Für mich, einen Gehbehinderten, ein Lieblingsort. Mit eben dieser einmaligen Sicht auf unsere Berge. Hier fühle ich mich mittendrin im wohl grossartigsten Teil der Schöpfung. Kann staunen, abschalten und kreativ werden. Manche meiner Texte sind da entstanden. Auch diesen Blog schreibe ich gerade im Auto auf dem P1. Das grossartige Panorama vor mir. Man kann mich nun für einen Spinner halten. Aber um einen zur Zeit sehr glücklichen…

Vor einigen Augenblicken ist gerade ein Auto aus Deutschland angereist. Die vier Gäste, etwa in meinem Alter, haben neben mir geparkt, sind ausgestiegen und dann kamen gut hörbare Begeisterungsrufe. Staunend blieben sie erst einmal stehen. Völlig überwältigt von der Berg- und Gletscherwelt. Im Paradies angekommen. Erst nach gut 10 Minuten telefonierten sie ihrem Vermieter, der sie dann auch bald mit seinem Elektro abholte.

Natürlich möchte ich nun keine Werbung machen für einen Parkplatz. Das könnte allenfalls Ärger geben mit den Bergbahnen, welche die Gäste noch näher an die Berge bringen möchten. Trotzdem, unsere Bergwelt hat es in sich. Ist schlechthin einmalig. Überwältigend. Dabei werde ich auch an einen Ausspruch von Carl Spitteler erinnert, der einst meinte: „Wenn Schweizer die Alpen erschaffen hätten, wären sie nicht so hoch.“ 


Christoph Gysel