Saas-Fee, eine wunderbare Feriendestination. Auch ein idyllisches Bergdorf auf 1‘800 m ü M. Mittendrin die Bäckerei Imseng mit ihrer Geschichte. Und die hat es in sich.
Ich geniesse es, mit Freunden im schmucken Cafe Imseng
einen Kaffee zu schlürfen. Gäste lieben das Garni Imseng. Noch grossartiger
aber ist die Bäckerei/Konditorei. Ein Betrieb mit Geschichte. Und vielfach
prämierten Produkten.
Faszinierend aber auch der kreative Patron, Lukas
Imseng. Unzählige Auszeichnungen hat er als Bäcker schon erhalten. Sein
Roggenbrot aus Saas-Fee muss man kennen. Ist alleine schon eine Reise ins
Saastal wert. Unter anderem hat er sich aber auch als Bierbrauer und Autor
einen Namen gemacht. Eben erst hat er erfolgreich sein neustes Werk: „Backen
mit Globi“ veröffentlicht. Die Kreativität von Lukas erinnert mich an einen
seiner Vorfahren, den legendären Tourismuspionier Pfarrer Johann Josef Imseng,
der mein Leben nachhaltig geprägt hat. Gerne schlüpfe ich bei Gelegenheit
deshalb in seine Rolle.
Pfr. Johann Josef Imseng (1806-1869) war nicht bloss
ein ausgezeichneter Seelsorger. Das ganzheitliche Wohl seiner Schäfchen war ihm
wichtig. Um die Armut im Saastal zu bekämpfen, förderte er aktiv den Tourismus.
Er beherbergte Gäste. War selber als Bergführer tätig. Erklärte den Gästen die
Geschichte und Bräuche des Saastales. Der visionäre Pfarrherr liess gar Hotels
bauen. Er sorgte dafür, dass die Menschen hier ein Auskommen erhielten. Selber
war er ein Mann der Berge, war bei vielen Erstbesteigungen dabei. Führte
Bergsteiger auf manchen Gipfel. Imseng ging auch in die Geschichte ein als
erster Skifahrer der Alpen. Eine grossartige Persönlichkeit.
Wenn ich über die Bäckerei Imseng nachdenke, resp. über
die entfernt Verwandten des legendären Pfarrers, dann komme ich nicht darum
herum, ähnlichen Tatendrang und Kreativität, festzustellen. Dies ist allerdings
nur eine Randbemerkung. Meine Gedanken sind vielmehr beim auf den ersten Blick
unspektakulären Thema „Roggenbrot“ stehen geblieben.
Das Roggenbrot hatte im Saastal über Jahrhunderte eine
grosse Bedeutung. Weltweit werden heute noch 60% aller Kalorien für die
menschliche Ernährung aus Getreide gewonnen. Von den verschiedenen
Getreidearten hat dabei der Weizen die grösste Bedeutung. Im Saastal wurde aber
fast ausschliesslich Roggen angebaut. In Saas-Fee lagen die höchstgelegendsten
Roggenäcker Europas. Unverständlich für mich, dass davon nicht mehr geredet
wird. Die höchsten Weinberge Europas werden marketingmässig sehr erfolgreich
ausgeschlachtet. Aber diese Roggenäcker, die für das Überleben der Bevölkerung
über Jahrhunderte so wichtig waren, sind leider zu Unrecht in Vergessenheit
geraten. Mit Roggenbrot konnte die Bevölkerung sich weitgehend selber
versorgen. Eine der wichtigsten Mahlzeiten der armen Bevölkerung bestand aus
Roggenbrot und kuhwarmer Milch. Gebacken wurde das nahrhafte Brot nur alle zwei
Monate. Gelagert wurde es im Speicher, auf der Brotleiter. Man kann sich
vorstellen, wie die letzten Laibe jeweils ziemlich hart waren. Weil sie mit dem
Messer nicht mehr geschnitten werden konnten, gab es hier extra „Brothacker“.
Die harten Brotstücke wurden dann in die Bouillon der ausgekochten Knochen oder
in warme Milch gegeben. Aus heutiger Sicht kaum mehr vorstellbar. Trotzdem, die
Leute damals dankten Gott auch für diese Mahlzeit.
In der Zeit, bevor der Tourismus wirtschaftlichen
Aufschwung ins Saastal gebracht hat und zum Teil grosse Armut herrschte,
beklagte man sich nicht über hartes Brot. Ganz gemäss dem Sprichwort: „Kein
Brot zu haben ist hart.“
In meiner Militärzeit wurde folgende Geschichte
erzählt: Die Rekruten reklamierten wegen dem alten und harten Brot, das ihnen
jeden Tag vorgesetzt wurde. Der Oberst erklärte der versammelten Mannschaft
nun: „Stellt euch nicht so verweichlicht an. Zur Zeit des General Guisan (2.
Weltkrieg) haben die Soldaten das Brot schliesslich auch ohne Widerspruch
gegessen. Ein vorlauter Rekrut antwortete darauf trocken: „Damals war es aber
auch noch frisch…“
Ich bin allerdings froh – auch für unsere Gäste – dass
unser nahrhaftes und schmackhaftes Roggenbrot heutzutage täglich frisch
gebacken wird. Übrigens nicht bloss in der Bäckerei Imseng…
Als Pfarrer sei es mir aber noch gestattet, auf unsern
Schöpfergott hinzuweisen, der es uns so gut ergehen lässt. Man darf auch bei
frischem Brot, dankbar an den guten Vater im Himmel denken, der uns das
tägliche Brot gibt. Also denkt daran, wenn Ihr das nächste Mal genussvoll in
unser Roggenbrot beisst!